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Im Portrait // Romana Delberg, Superyogini & Seele der Yogawerkstatt

21. Februar 2016
Romana Delberg im Interview mit The Yoga Affair – Yogawerkstatt Wien
„No work or love will flourish out of guilt, fear, or hollowness of heart,
just as no valid plans for the future can be made by those who have no capacity for living now.“

Als wir beschlossen, auch Interviews mit inspirierenden Persönlichkeiten für die Rubrik „People“ in unseren Blog zu integrieren, war sonnenklar, dass eine dieser Persönlichkeiten Romana sein wird. Sie ist nicht nur eine passionierte Yogini, Gründerin und Lehrerin der Yogawerkstatt, sondern seit vielen Jahre auch meine persönliche Yoga Lehrerin, Freundin und Inspiration. Sie hat mich in die Welt des Ashtanga Yoga eingeführt, mich nahezu tausendmal adjustet und sich meiner ganz angenommen. Romana ist Wienerin durch und durch, liebt, lebt und arbeitet im 2. Bezirk – Heimat der Yogawerkstatt. Ich habe ihr ein paar Fragen gestellt, damit auch ihr sie kennenlernen könnt.

yogini romana delberg upavishta konasana

Romana, wer oder was hat dich zum Yoga geführt?

Ich hatte mit Anfang 20 eine Art mystische Erfahrung gemacht, die mich dazu bewogen hat, nach etwas zu suchen, das mich gewissermassen zusammennäht. Ich habe mich weniger bewusst, als vielmehr intuitiv auf einer Suche befunden, mich mit meinem Körper und meinem Geist zu befreunden. In diesem mystischen Erlebnis war mir klar geworden, dass tatsächlich alles rund um mich reine Liebe ist, nur konnte ich im „echten Leben” diese Erkenntnis nicht am Leben halten. Ich steckte gewissermassen linkisch in diesem „Fleischanzug”, und mein Geist wollte stets etwas, ohne je befriedigt zu sein. Und da bin ich, als ich zwischen 1994 und 1998 in London wohnte, über einen perfekten Ambassador für das Ashtanga Vinyasa Yoga gestolpert, nämlich Derek Ireland.

Nach meiner ersten Klasse fühlte ich mich, als wäre ich nicht nur aus einem Guss, sondern als schwömmen alle Teilchen, aus denen ich bestehe, in die „richtige” Richtung. Es war – so erschöpft ich auch war – eine Art In mir Ankommen und glich der besagten mystischen Erfahrung.

 

Hast du immer schon Yoga gemacht oder gab es noch „ein Leben davor“?

Es gab viel Leben davor. Ich kann guten Gewissens sagen, dass ich vorher auch ein Leben hatte, welches durch Yoga, wie mein Lehrer gerne sagt, ruiniert wurde. Runiniert klingt natürlich drastisch, aber gemeint ist damit das „samsarische” Leben, das Leben in der Endlosschleife unserer Vorlieben und Abneigungen. Aber ich greife vor. Ich arbeitete im Umfeld von PR und Eventmarketing, klassischerweise ein hektisches, tendenziell oberflächenaffines Umfeld, das wohl kollektiv unter dem Sternbild „work hard – play hard” geboren wurde.

Ich war da keine Ausnahme! Lange Arbeitstage, häufig bis in die Nacht, viele gesellschaftliche Termine, viele Berührungen mit der – für mich – absoluten Sinnlosigkeit des „Hamsterrads“ names Karriereleiter.

Yoga war in der Zeit schon ein Licht am Horizont. Ich hatte viele Jahre ein satellitenhaftes Yogaverhältnis – anfallsartiges  Üben und Eindringen und dann doch wieder in der „Ausredenfalle” wegbleiben von dem, was mir wohltat. Dieses seltsame Paradoxon unserer Gesellschaft, dass wir dem mehr Aufmerksamkeit widmen, was uns weniger gut tut, und uns Tätigkeiten verschließen, die uns guttun. Ich musste mich immer wieder bewusst daran erinnern, wie wohl ich mich in meinem Körper fühlte, wenn ich Yoga geübt hatte.

Als ich Anfang 30 war, überstürzten sich so viele scheinbar kleine Ereignisse, die mich aber immer häufiger „ins Yoga gehen” – wie ich das damals noch nannte – als gesellschaftliche Pläne schmieden ließen. Es wurde immer selbstverständlicher und wichtiger in meinem täglichen Leben. Ich hörte auf, bloß „ins Yoga zu gehen“, und begann, eine ernsthafte Yoga-Praxis zu kultivieren und mehr Respekt für die Tiefe der Yogaphilosophie zu entwickeln.

 

An welchem Punkt hast du entschieden, nicht nur selbst zu praktizieren, sondern dein Wissen weiterzugeben, indem du unterrichtest?

Ich hatte das Glück, dass ich gleich von Anfang an gute Lehrer hatte, die mir das Üben im Kontext von Yoga-Shastra vermittelten und meine Neugier weckten. So begann ich nach nur 2 Jahren regelmäßigen Übens meine erste Yogalehrerausbildung und schon bald darauf, 2006 bei Paul Dallaghan, die nächste. Mit dem Unterrichten begann ich schnell, da so viele Leute aus meinem Umfeld unbedingt mal Yoga ausprobieren wollten, und das führte dazu, dass ich schon recht bald ausschließlich Yoga unterrichtete. Es war also ein eher graduelles Loslassen meines vorigen Berufsfeldes, der PR, bis ich dann ab 2007 ausschließlich Yoga unterrichtete.

 

Wie kam es dann zur Gründung der Yogawerkstatt?

Es war der Wunsch, weniger mit dem Auto zwischen den unterschiedlichsten Unterrichtsstätten – Kantinen in Firmen, Gemeinschaftsräume in Wohnanlagen, Turnsäle in Fitnessstudios und Schulen, private Wohnzimmer, eigenes Wohnzimmer usw. – hin und her zu pendeln und stattdessen einen speziellen Ort zu finden, an dem ich gern und von einer wohlwollenden Energie umgeben unterrichten kann. Der Wunsch nach einer Yoga-Heimat. Nachdem ja auch mein Mann fulltime unterrichtete, war es nur folgerichtig, gemeinsam ein Studio zu betreiben. Die Yogawerkstatt war unser „labour of love”. Zunächst mussten wir unsere doch sehr persönlichen und durchaus unterschiedlichen Erfahrungen als Yoga-Praktizierende thematisieren, Feedback aushalten und uns Fragen stellen wie, was ist uns wichtig, wo wollen wir hin, wie stellen wir uns den Weg vor. Die Entstehung der Yogawerkstatt war dann ein sehr glücklicher Moment einer Visionssuche und ihrer kreativen Umsetzung, und ich denke, dass die Leute, die jetzt zu uns üben kommen, das auch spüren.

Yogini Romana Delberg

Die Wurzeln deines Unterrichts liegen im Ashtanga Vinyasa Yoga. Wieso?
Was macht Ashtanga Yoga für dich so besonders?

Eigentlich bin ich gleich im Ashtanga gelandet. Das war eher eine Fügung, und ich hab mich auch nicht sehr bemüßigt gefühlt, Alternativen zu suchen, da es mich ja von Anfang an so fasziniert hat. Es war diese puristische, klare Struktur, die Asanas am roten Faden des Atems aufzufädeln – das ist eine sehr simple, aber fordernde Methode, die meine volle Aufmerksamkeit beanspruchte. Ich habe auch immer wieder andere Stile ausprobiert, die mich auch jetzt durchaus ansprechen. Aber mein tägliches Yoga ist Ashtanga, weil es so kompakt und klar ist. Ashtanga ist recht unmittelbar, man kann nicht lang unentschlossen damit bleiben. Entweder man entschließt sich dazu, sich auf eine Übungspraxis einzulassen, oder nicht.

Die Struktur im Ashtanga ist so, dass man recht schnell zu einer eigenen Praxis – idealerweise im Mysore-Setting, schwieriger allein daheim – hingeführt wird. Geführte Klassen waren eigentlich spärlich. Wer Ashtanga authentisch lernen will, muss sich einen Lehrer finden, der einen Mysore-Raum betreibt, und dort mit ihm zu üben beginnen.

Die Früchte der doch eher disziplinierten Arbeit kann man recht bald genießen, eine Klarheit, ein sich selbst authentischer Erleben, eine gewisse Gleich- und Anmut gehen damit einher, man fühlt sich rundum besser gewappnet, dem „Drama namens Leben” friedfertiger zu begegnen. Zwist und Diskrepanz lassen sich mit mehr Distanz betrachten.

Lange Rede kurzer Sinn, das Besondere am Ashtanga war für  mich ganz klar einerseits die komplexe Kombi aus Asana, Pranayama und ethischer Tiefe, anderseits die ganz spezifische Art, wie es unterrichtet wird – das Mysore-Setting und die Beziehung zu einer/m LehrerIn.

 

Wie würdest du Deinen Unterricht beschreiben?

Mein Unterricht hat sich im Laufe der Jahre sehr gewandelt. Heute bin ich sehr vom Unterrichtsstil meines Lehrers, Richard Freeman, beeinflusst: geführte Ashtanga-Klassen, die sehr langsam und eher detailgenau gehalten sind und manchmal durchaus auch ein workshopartiges Zerlegen der Serie beinhalten – ein Sakrileg in fundamentalistischeren Ashtanga-Kreisen.

In meiner Mysore-Klasse kann ich viel individueller auf meine SchülerInnen eingehen, da das eine Möglichkeit für „Privatunterricht” im Rahmen einer offenen Klasse darstellt. Das Mysore-Setting ist wichtig, da der Schüler im Rahmen einer Gruppe lernt, sowohl selbstständig als auch unter dem wachsamen Auge eines Lehrers zu üben. Idealerweise täglich, und damit kommt recht bald nicht nur der körperliche Zustand der Übenden zum Vorschein, sondern auch ihre Persönlichkeit. Wer täglich oder mindestens 3 bis 4 Mal die Woche in die Mysore-Klasse kommt, tut das in seiner Totalität. Das gibt mir als Lehrerin die Möglichkeit, meinen Schüler viel ganzheitlicher wahrzunehmen, nämlich immer im Kontext seines gesamten Lebens, mal unter Druck, mal entspannt, mal kompliziert und durch den Wind, mal unkompliziert und grandios. Umgekehrt sieht er mich täglich und kann so ebenfalls ein Verhältnis zu mir aufbauen. Das Heilsame liegt in dieser Beziehung. Da heilt nicht der Lehrer den Schüler, sondern es wird ein gemeinsamer Weg im Rahmen des Yoga gegangen. Diesen Weg, und das ist das Schöne an Tradition, ist von vielen, endlos vielen bereits erfolgreich gegangen und beschrieben worden. Und diese Tragweite lässt mich stets aufs Neue staunen. Denn Yoga ist für mich das Staunen über die sagenhafte Simplizität des Lebens. So simpel, aber nie einfach.

 

Wie sieht dein Alltag aus?

Ich bin eine Frühaufsteherin, ich steh gegen 4 Uhr und widme mich in den ersten 4 Stunden des Tages dem Yoga – idealerweise in Stille.

Dann unterrichte ich, mache einen Hundespaziergang, koche, esse, mache Administratives, unterrichte wieder, gehe nochmals mit den Hunden, gehe zu Bett… – ziemlich simpel und für die meisten Leute totlangweilig, weil es so eintönig klingt, aber ich schaffe es immer noch, daraus eine durchaus stressige Angelegenheit werden zu lassen.

 

Was bringt dich aus der Ruhe?

Nichts Spezifisches, nur alles… So gut wie alles hat die Macht, mich aus der Ruhe zu bringen, und ein ordentlicher Wutausbruch ist nur einen Gedanken weg von mir. Allein das zu wissen lässt mich ruhiger werden. Ich lasse mich nicht mehr so schnell von meinen eigenen Konstrukten, wie die Welt und die Menschen zu sein haben, dazu hinreißen, alles, was mit meinen Plänen kollidiert, als nervig wahrzunehmen. Irgendwie ist das Leben nicht mehr so wahnsinnig nervig.

 

Was konntest du durch Yoga lernen?

Das Leben ist hier und jetzt. Immer öfter mich selbst, meine Gefühle in ihrer Wahrhaftigkeit wahrnehmen und immer seltener meinen Interpretationen und Geschichten über mich Glauben schenken.

 

Was bringt dein Herz zum Lachen?

Jetzt gerade brauch ich nur daran denken, dass ich in nur 3 Wochen schon in Asien sein werde, und das ringt meinem Herzen gleich ein paar hüpfende Schläge ab. Humor und das Glück, über mich selbst am lautesten lachen zu können, liegen mir nie allzu fern.

 

Hast du ein persönliches Mantra?

Nein, nicht im klassischen Sinn. Am öftesten komme ich zu diesem Mantra aus dem Zen zurück: „Life and death are of supreme importance, time passes swiftly, opportunities are lost, let us awaken, AWAKEN! Do not squander your life”. Dieses Nachtgebet aus dem Zen trifft mich mitten ins Herz – es erinnert mich daran, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden.

Yogini Romana Delberg Yogawerkstatt

Was ist dein „Guilty Pleasure“?

Oh my God… Don’t get me started… Zucker und Fett gegenüber ist langer Widerstand aussichtslos. Ich bin ein Foodie und Waage im Horoskop – ich kann guten Gewissens behaupten, mich spricht alles von einem ästhetischen Standpunkt aus an. Now you have it, alles kann hier zur „guilty pleasure“ werden.

 

Wer oder was inspiriert dich?

Richard Freeman, Mary Taylor, Dorien Israel, Mick Jagger… – und alle anderen auf dem Planeten.

 

Was ist dein absolutes Lieblingsbuch, das du uns an Herz legen möchtest?

Das kann ich nicht beantworten. Jetzt gerade möchte ich den Wunsch aussprechen, alle Menschen mögen Alan Watts‘ „The Book on the taboo against knowing who you are“ lesen.

 

Vielen Dank für das Interview, liebe Romana!

Wenn ihr mehr über Romanas „Yogawerkstatt“ in Wien erfahren möchtet, lest hier mein Studio Review.

Valerie

 

Fotos: © Yogawerkstatt

 

 

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